„Rechte Frauen – damals in Tübingen und heute“. Ein Vortrag von Dr. Claudia Nowak-Walz
Am 13. November 2024 fand im Gemeindehaus Lamm in Tübingen ein spannender Vortrag von Dr. Claudia Nowak-Walz statt. Die Geschichtswerkstatt Tübingen hatte die Historikerin im Rahmen der Veranstaltungsreihe „86 Jahre Reichspogromnacht“ eingeladen. Dr. Nowak-Walz beleuchtete in ihrem Vortrag die oftmals unterschätzte Rolle von Frauen im Nationalsozialismus und gab einen Einblick in aktuelle Entwicklungen.
Claudia Nowak-Walz begann ihren Vortrag mit einer Analyse rechter Frauen während der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus. Frauen engagierten sich nicht nur in progressiven, sondern auch in rechten Bewegungen. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg waren mehr Frauen in Organisationen der politischen Rechten (ca. 700.000) als in Vereinen der Bürgerlichen Frauenbewegung (ca. 400.000). Auch die männerbündische NSDAP fand Unterstützung bei Frauen, die entscheidende Rollen in Propaganda, Organisation und praktischer Arbeit übernahmen.
Während der NS-Zeit sollten Frauen in ihrer „weiblichen Rolle“ als Mütter und Hausfrauen geschult werden und in die „Volksgemeinschaft“ eingebunden werden. Frauen wie Mathilde von Kemnitz-Ludendorff oder Lydia Gottschewski prägten die geschlechterpolitischen Konzepte der Nationalsozialisten. Gertrud Scholtz-Klink, Reichsführerin der Nationalsozialistischen Frauenschaft, verherrlichte nach 1945 weiterhin die NS-Ideologie und zeigte, wie rechte Ideologien oft über die NS-Zeit hinaus Bestand hatten.
Anhand lokaler Beispiele verdeutlichte Dr. Nowak-Walz, wie Frauen in Tübingen seit den frühen 1920er-Jahren wichtige Positionen in der NSDAP einnahmen. Frieda Hilpert war eine zentrale Figur der Kreisfrauenschaft in Tübingen. Ihre Vorgesetzte Anni Haindl wuchs in einer völkisch-nationalistischen Familie auf. Ihr Vater war Mitglied der Thule-Gesellschaft, die stark antisemitisch geprägt war. Frieda Hilpert verlor 1936 ihre Position als Kreisfrauenschaftsleiterin. Ihre Nachfolgerin wurde Gertrud Benz, welche bis 1945 in dieser Position agierte. Nach dem Krieg wurde sie zu 18 Monaten Arbeitslager verurteilt und letztendlich früher entlassen und als „Mitläuferin“ eingestuft.
Der zweite Teil des Vortrags bestand aus einem Blick auf heutige rechte Frauen. Während rechte Frauen in der NS-Zeit meist in traditionellen Rollen agierten, treten sie heute in rechten Bewegungen auch als eigenständige Akteurinnen auf, z. B. als Politikerinnen, Influencerinnen, Musikerinnen oder Rednerinnen. Die „Neue Rechte“ nutzt hierbei Soziale Medien gezielt, um rechte Inhalte zu verbreiten. Influencerinnen wie Reinhild Boßdorf und Marie-Thérèse Kaiser kombinieren rassistische und antifeministische Ideologien mit modernem Auftreten. Rechte Influencerinnen inszenieren sich beispielsweise als „traditionelle Mütter“ und propagieren rechte Narrative subtil und oft gut getarnt. Politikerinnen wie Alice Weidel und Christina Baum (Beide AfD) treten als moderne Frauen in einem von Männern dominierten Feld auf und betonen gleichzeitig konservative und antifeministische Werte.